Pankower Baustadtrat Jens-Holger Kirchner: "Die EnEV bricht Mietrecht"


Bei der Sitzung des Pankower Ausschusses für Stadtentwicklung und Grünanlagen am 16. April 2015 hat Baustadtrat Jens-Holger Kirchner die Leitlinien der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) kritisiert. Sie sei eine "Lizenz zum Gelddrucken". Damit reiht er sich ein in die Kritik, die bereits seit Langem von aktiven Mieterinnen und Mietern des Pankower Mieterprotests formuliert wird. Kirchner sagte des Weiteren, die sozialen Verwerfungen, die die EnEV erzeuge, gelte es zu mildern. Deshalb ließ er zwei Gutachten für die Prüfkriterien zum sozialen Erhaltungsrecht nach § 172 BauGB erstellen, die im Ausschuss vorgestellt wurden.


Rechtsanwalt Dr. Beckmann: "Es ist ein bundesweites Problem"

 

Das erste Gutachten wurde vorgestellt von Herr Beckmann von Gaßner, Groth, Siederer & Coll. Alles, was das Erhaltungsziel (Erhaltung der sozialen Zusammensetzung der Bewohner) gefährdet, muss nach seiner Auffassung verhindert werden. Von ihm wurden die Prüfkriterien für die erhaltungsrechtliche Genehmigung begutachtet. Er führte einige allgemeine Dinge zum Baugesetzbuch und der EnEV aus. Ziel ist es, Empfehlungen zur Änderung der Prüfkriterien auszusprechen, um extreme Mietsteigerungen und damit Verdrängung effektiv zu verhindern. Als Beispiel nannte er: Bei Erstanbau eines Balkons, der dazu führt, dass die Fassade zu mehr als 10% angefasst werden muss, was wiederum nach EnEV-Vorgaben eine Fassadendämmung erforderlich macht, sei der Anbau nicht mehr zu genehmigen. Allgemein schlug Herr Beckmann vor, dass das Bauamt möglichst wenige solcher Maßnahmen genehmigt.

 

Lipphardt: "Mindestanforderungen werden oft überschritten"

 

Als zweites sprach Herr Lippardt von EcoBAU Consulting für den technischen Teil. Er sagte, es sei offensichtlich, dass viele Häuser mehr als 40-60% über dem Mindeststandard der EnEV liegen, weil der Vermieter das „so wünscht“. Hier ging es vor allem um die Begrenzung auf die Mindestanforderungen der EnEV. Diese sind für einzelne Bauteile festgelegt. Vorgeschlagen wurde ein Ermessensspielraum von 10-15%, zu dem die Mindestanforderungen überschritten werden dürfen, nicht aber mehr. Seine Begründung lautete, dass man nicht so punktgenau planen könne, deshalb plane man zu Beginn immer mit höheren Anforderungen. Empfohlen wurde also ein Toleranzbereich. Für die Sachbearbeiter wurden auch Muster entworfen, um die Bearbeitung und die Entscheidungen zu vereinfachen. Allerdings räumte Herr Lippardt ein, dass es selbst für ihn als Profi schwer sei, die Unterlagen solcher Bauvorhaben zu prüfen. Außerdem: Wenn Fördergelder des Bundes (KfW) im Spiel sind, sei es schwer, diese Vorhaben zu unterbinden.

 

Blinder Fleck: Wirtschaftlichkeit & Ausnahmetatbestände

 

Keine Rede war allerdings von der Wirtschaftlichkeit und den Ausnahmetatbeständen der EnEV. Dieser Aspekt sei sehr problematisch. Man könne dies nicht als Entscheidungskriterium aufnehmen, da jeder rechnen könne, was er will, bezogen auf die Einflussfaktoren wie Energiepreisentwicklung etc. Dieser wesentliche Punkt sollte aber noch diskutiert werden. Spart man mit der Maßnahme überhaupt Energie ein? Und rechnet sich die Investition und somit die Mieterhöhung im Vergleich zur eingesparten Energie in einer angemessenen Zeit?

 

Die vollständigen Gutachten sollen zugänglich gemacht werden. Der Bezirk muss sich entscheiden, ob er die Vorschläge und Empfehlungen nutzen will. Baustadtrat Kirchner wies darauf hin, dass der nächste Schritt sei, die Vorschläge der Gutachten mit den Ämtern und der Mieterberatung zu testen und ggf. umzusetzen.