Schreiben an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks

Anlässlich des Interviews mit Bundesumweltministerin Barbara
Hendricks vom 17.01.2015 im rbb-Inforadio hat der Pankower Mieterprotest ein Schreiben an Frau Hendricks verfasst. Darin wird aus unserer Erfahrung heraus auf ihre Aussagen zur Wirtschaftlichkeit energetischer Modernisierungsmaßnahmen - insbesondere der Gebäudedämmung - Bezug genommen. Lesen Sie selbst:



Sehr geehrte Frau Umweltministerin Hendricks,


mit großem Interesse haben wir, die Mieter eines Berlin-Pankower Mietshauses, das Interview mit Ihnen vom 17.01.2015 im rbb-Inforadio verfolgt:


Gebäudedämmung– Geldverschwendung mit Heiligenschein? http://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/zwoelfzweiundzwanzig/201501/211866.html


Sie betonen in diesem Interview mehrfach, dass eine energetische Modernisierung wirtschaftlich sein muss, und dass Mieter nicht über Gebühr belastet werden dürfen. Weiter sagen Sie, dass keine Rundumsanierung erfolgen muss, dass auch Einzelmaßnahmen sinnvoll sind und gefördert werden, und dass auf jedes einzelne Haus bezogen zu prüfen ist, welche Maßnahmen sinnvoll sind.

 

Um es kurz zu fassen: Wir Mieter erleben hier das genaue Gegenteil von dem, was Sie über die energetische Modernisierung gesagt haben, und das Gegenteil von dem, was – bezogen auf die energetische Modernisierung – sinnvoll, richtig und notwendig wäre.


Zu den Eckdaten unseres Wohnobjektes: ( https://goo.gl/maps/KRB9v )

Baujahr: 1933, 36 Mietparteien

Wände: 40-50 cm dickes Ziegelmauerwerk, intakter Putz (<10% geschädigt – durch Gutachten belegt)

Fenstertyp: überwiegend Kastendoppelfenster

Heizung: überwiegend moderne Gasetagenheizungen


Modernisierungsmaßnahmen:

• Fassadendämmung mit 16cm Polystyrol-WDVS

• elektrische Lüftungsanlagen in Küche und Bad

• Austausch der Kastendoppelfenster gegen Kunststoff-Isolierglasfenster

• Austausch der Gasetagenheizung gegen Fernwärme-Zentralheizung

• Dämmung der obersten Geschossdecke und der Kellerdecke

• Austausch der Gasherde gegen Elektroherde


Wie Sie erkennen können, ist es offenbar das Ziel unseres Vermieters (der kommunalen GESOBAU AG) das „Komplettpaket“ umzusetzen. Unser Vermieter plant, seinen gesamten Altbaubestand nach diesem Schema energetisch zu modernisieren.

Die Folgen dieser Modernisierungsstrategie sind Mietsteigerungen von bis zu über 100% und die regelrechte Vernichtung von bezahlbarem Wohnraum im angespannten Wohnungsmarkt Berlin.


Wir Mieter dieses Hauses und die Mieter weiterer Häuser ähnlicher Baualtersklassen wehren uns deshalb im „Pankower Mieterprotest“ insbesondere gegen den unsinnigen, kostentreibenden Maßnahmenumfang.


Eine Fassadendämmung im Altbau mit 40-50 cm dickem Ziegelmauerwerk ist eindeutig unwirtschaftlich. Wir können das mit einer einfachen, nachvollziehbaren Berechnung belegen, die letztlich ergibt, dass die Fassadendämmung hier (Beispielwohnung eines exemplarischen Hauses) ca. 10 mal mehr kostet, als sie durch die Einsparung an Heizenergie einspart. Sehen Sie sich dazu bitte die Wirtschaftlichkeitsberechnung im Anhang an.


-> siehe Anhang „Fassadendämmung-Wirtschaftlichkeit.pdf“


Ferner haben wir Mieter dieses Hauses ein Fassadengutachten erstellen lassen, das die Unwirtschaftlichkeit der Fassadendämmung bescheinigt und die Befreiung von den Anforderungen der EnEV anzeigt.


-> siehe Anhang „Fassadengutachten.pdf“


Trotz dieser Faktenlage und trotz des deutlichen und fundierten Intervenierens der Mieterschaft stellt unser Vermieter die Fassadendämmung als unumgänglich und „nicht verhandelbar“ dar.


Entgegen Ihrer Aussage, „nicht um jeden Preis energetische Modernisierung vorzunehmen“, scheint es unserem Vermieter geradezu darum zu gehen – die Maßnahmen sollen trotz Unwirtschaftlichkeit durchgeführt werden.


Wir stellen fest, dass zwischen dem, was Sie über den sinnvollen und wirtschaftlichen Einsatz der energetischen Modernisierung sagen und dem, was wir Mieter in der Praxis erfahren, eine große Diskrepanz besteht.


Für uns Mieter ist es existentiell, dass energetische Modernisierungsmaßnahmen in einem Umfang geschehen, bei dem die Maßnahmen wirtschaftlich, notwendig und sinnvoll sind.


Wir wenden uns mit der ausdrücklichen Bitte an Sie, sich dieser Sache anzunehmen und dafür einzutreten, dass im Rahmen der energetischen Modernisierung umgesetzte Maßnahmen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entsprechen müssen.


In Erwartung einer Antwort verbleiben wir


mit freundlichen Grüßen


i.A. Tilo Trinks

für das Bündnis Pankower MieterProtest


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Bündnis Pankower MieterProtest

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